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28. April 2025
Ciper & Coll.

Aufklärungspflicht in der Notaufnahme: Was gilt im Ernstfall?

Lesedauer: 8 min

1.

Was bedeutet Aufklärungspflicht in der Notaufnahme?

Auch in der Notaufnahme gilt die ärztliche Aufklärungspflicht. Patientinnen und Patienten haben grundsätzlich ein Recht darauf, über Diagnose, Behandlungsverlauf, Risiken und Alternativen informiert zu werden, selbst im akuten medizinischen Notfall. Diese Aufklärung bildet die Grundlage für eine wirksame Einwilligung in die Behandlung. Ohne diese Einwilligung ist jede ärztliche Maßnahme rechtlich problematisch und kann als Körperverletzung gewertet werden.

Doch was bedeutet das konkret im hektischen Umfeld einer Notaufnahme, in dem oft Sekunden über Leben und Tod entscheiden? Die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung bleiben bestehen, sie können sich jedoch in Umfang und Tiefe an die jeweilige Notfallsituation anpassen. Je dringlicher eine Behandlung ist, desto stärker tritt der Schutz des Patientenwohls in den Vordergrund. Trotzdem müssen Ärzte alles Zumutbare unternehmen, um zumindest eine grundlegende Information zu ermöglichen.

Für Patientinnen und Patienten ist es daher wichtig zu wissen, dass auch im Ernstfall Aufklärung nicht einfach „ausgesetzt“ wird. Kommt es zu Komplikationen oder Fehlentscheidungen und wurde vorab nicht oder nur unzureichend aufgeklärt, kann unter Umständen ein Aufklärungsfehler vorliegen.

2.

Unterschiede zur regulären ärztlichen Aufklärung

Die Aufklärungspflicht in der Notaufnahme unterscheidet sich in einigen Punkten von der regulären ärztlichen Aufklärung, die im Rahmen geplanter Behandlungen oder Eingriffe erfolgt. Während in der normalen Behandlung in der Regel genügend Zeit zur Verfügung steht, um umfassend über die Diagnose und alle Behandlungsoptionen zu sprechen, muss in der Notaufnahme aufgrund der Dringlichkeit oft schneller und pragmatischer informiert werden.

In einem regulären Setting erfolgt die Aufklärung oft in mehreren Schritten, in denen der Arzt die Diagnose erklärt, mögliche Risiken aufzeigt und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit den Patienten bespricht. In der Notaufnahme hingegen kann der behandelnde Arzt meist nur das unbedingt Notwendige mitteilen, insbesondere wenn der Patient in einem Schockzustand ist oder sofort behandelt werden muss, um das Leben zu retten.

Dennoch darf der Arzt nicht völlig auf die Aufklärung verzichten. Auch in dieser Ausnahmesituation muss er den Patienten über wesentliche Aspekte informieren, so weit es der Gesundheitszustand des Patienten und die Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung zulassen. Beispielsweise muss er erklären, warum bestimmte Maßnahmen dringend sind und was deren Risiken sind, auch wenn er aufgrund der Situation keine umfassende Aufklärung leisten kann.

3.

Welche Informationen müssen auch im Notfall mitgeteilt werden?

Auch im Notfall sind Ärzte gesetzlich verpflichtet, den Patienten über bestimmte wesentliche Informationen aufzuklären. Dazu gehören insbesondere:

Notwendigkeit der Behandlung: Auch in der Notaufnahme muss der Arzt den Patienten so gut wie möglich darüber informieren, warum die Behandlung oder Maßnahme dringend erforderlich ist. Diese Information stellt sicher, dass der Patient die Dringlichkeit erkennt und die Therapie als sinnvoll erachtet.

Ziel der Behandlung: Der Patient muss wissen, welches Ziel mit der Notfallbehandlung verfolgt wird. Wird beispielsweise ein chirurgischer Eingriff vorgenommen, muss der Arzt kurz darlegen, warum dieser notwendig ist, um das Leben zu retten oder schwerwiegende gesundheitliche Folgen zu vermeiden.

Risiken der Behandlung: Selbst in der Notaufnahme müssen Patienten über die wesentlichen Risiken der Notfallmaßnahmen informiert werden. Natürlich wird diese Aufklärung in einer Situation, in der keine Zeit für ausführliche Erläuterungen bleibt, auf das Wesentliche begrenzt. Die genaue Erklärung von Nebenwirkungen oder langfristigen Risiken ist nicht immer möglich, aber die Risiken der unmittelbar erforderlichen Maßnahmen müssen zumindest kurz erläutert werden.

Mögliche Alternativen: In der Notaufnahme besteht oft nicht die Möglichkeit, alle Alternativen zu erörtern. Dennoch sollte der Patient, soweit es die Zeit und die Umstände zulassen, wenigstens über die wichtigsten Alternativen informiert werden. Zum Beispiel, wenn eine Behandlung sofort durchgeführt werden muss, könnte es sein, dass andere Optionen – wie eine konservative Behandlung – möglicherweise nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch dies sollte angesprochen werden.

4.

Wenn keine Zeit zur Aufklärung bleibt – was gilt dann?

In vielen Notfällen bleibt keine Zeit für eine umfassende Aufklärung des Patienten. In solchen Fällen gelten besondere rechtliche Regelungen, die sicherstellen, dass der Patient trotzdem so gut wie möglich geschützt wird. Die folgenden Punkte sind hierbei entscheidend:

Einwilligung durch stillschweigende Zustimmung: In Notfällen, in denen eine sofortige Behandlung erforderlich ist und der Patient nicht in der Lage ist, ausdrücklich in die Behandlung einzuwilligen (z. B. bei Bewusstlosigkeit), gilt eine sogenannte “stillschweigende Zustimmung”. Hierbei geht das Recht davon aus, dass der Patient der Behandlung zustimmt, wenn er in der konkreten Situation bei vollem Bewusstsein und in der Lage, zu entscheiden, zugestimmt hätte. Ärzte sind in diesen Fällen befugt, sofort zu handeln, um das Leben des Patienten zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

Notstand: Wenn der Patient aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung (z. B. Bewusstlosigkeit, akute Gefährdung des Lebens) nicht mehr in der Lage ist, eine ausdrückliche Zustimmung zu erteilen, dürfen Ärzte im Notfall auch ohne explizite Einwilligung handeln. Diese Maßnahme wird als „Notstand“ bezeichnet und erlaubt eine Behandlung im besten Interesse des Patienten, um ihn vor weiterem Schaden zu bewahren.

Erforderlichkeit und Angemessenheit der Behandlung: Auch in einem Notfall muss die Behandlung erforderlich und angemessen sein. Der Arzt darf nur Maßnahmen ergreifen, die unbedingt notwendig sind, um das Leben zu retten oder den Gesundheitszustand des Patienten zu stabilisieren. Es dürfen keine unnötigen oder unangemessenen Eingriffe vorgenommen werden, die nicht dem unmittelbar erforderlichen medizinischen Zweck dienen.

Information des Patienten nach der Behandlung: Nach dem Notfalleingriff muss der Arzt den Patienten so schnell wie möglich über die durchgeführten Maßnahmen informieren. Auch wenn der Patient zu Beginn des Eingriffs keine Aufklärung erhalten konnte, muss er später darüber aufgeklärt werden, warum diese Behandlung notwendig war und was genau durchgeführt wurde.

In diesen extremen Fällen liegt der Fokus auf der schnellen Rettung des Patienten. Eine detaillierte Aufklärung bleibt oft nicht möglich, doch der behandelnde Arzt ist weiterhin verpflichtet, im Sinne des Patienten zu handeln und die erforderlichen Schritte zu ergreifen.

5.

Unterstützung durch einen Anwalt für Medizinrecht

Die Aufklärungspflicht in der Notaufnahme ist ein komplexes Thema, das sowohl für Patienten als auch für Ärzte zahlreiche rechtliche Fragestellungen aufwirft. Wenn es zu Fehlern bei der Aufklärung kommt oder Patienten glauben, in ihren Rechten verletzt worden zu sein, kann es ratsam sein, einen Anwalt für Medizinrecht hinzuzuziehen. Hier sind einige Gründe, warum rechtliche Unterstützung von entscheidender Bedeutung sein kann:

Prüfung der rechtlichen Situation: Ein erfahrener Anwalt für Medizinrecht kann die individuelle Situation des Patienten genau überprüfen und herausfinden, ob tatsächlich ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht vorliegt. Insbesondere in Notfällen, in denen Aufklärung aufgrund von Zeitmangel schwierig ist, kann es oft unklar sein, ob die ärztlichen Entscheidungen rechtlich korrekt waren.

Schadensersatzansprüche durchsetzen: Sollte ein Patientenfehler aufgrund fehlender oder unzureichender Aufklärung in der Notaufnahme zu gesundheitlichen Schäden oder einer Verschlechterung des Zustands geführt haben, kann ein Anwalt dabei helfen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dies betrifft sowohl materielle Schäden wie medizinische Kosten und Verdienstausfälle als auch immaterielle Schäden wie Schmerzensgeld.

Rechtliche Vertretung bei der Beweissicherung: In rechtlichen Auseinandersetzungen ist es wichtig, Beweise zu sichern und die Behandlungshistorie genau zu dokumentieren. Ein Anwalt für Medizinrecht weiß, welche Dokumente und Unterlagen für den Fall von Bedeutung sind und kann dabei helfen, diese ordnungsgemäß zu sichern und gegebenenfalls Expertenmeinungen einzuholen.

Schutz der Patientenrechte: Ärzte und Krankenhäuser sind verpflichtet, die Rechte ihrer Patienten zu achten. Ein Anwalt kann sicherstellen, dass diese Rechte im Falle einer zu späten oder unzureichenden Aufklärung gewahrt bleiben und bei Bedarf rechtliche Schritte eingeleitet werden.

Verhandlung und Klärung: Sollte es zu einer außergerichtlichen Einigung kommen, kann der Anwalt helfen, mit der Klinik oder der Versicherungsgesellschaft zu verhandeln, um eine faire Entschädigung für den Patienten zu erreichen, ohne den langen und stressigen Weg eines Gerichtsprozesses gehen zu müssen.

In vielen Fällen kann eine frühzeitige rechtliche Beratung dazu beitragen, dass Patienten nicht nur über ihre Rechte informiert werden, sondern auch schnell und zielgerichtet zu ihrem Recht kommen. Besonders in einem so sensiblen Bereich wie der Notfallmedizin ist es entscheidend, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um die bestmögliche Entschädigung und Unterstützung zu erhalten.

6.

Handeln Sie frühzeitig, um Ihre Rechte zu wahren

Wenn Sie in der Notaufnahme behandelt wurden und Zweifel an der Aufklärung oder den getroffenen Entscheidungen haben, zögern Sie nicht, rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein Anwalt für Medizinrecht kann Sie dabei unterstützen, Ihre Ansprüche zu prüfen und gegebenenfalls durchzusetzen.

Bei Ciper & Coll. haben wir langjährige Erfahrung im Medizinrecht und wissen genau, wie wir Ihnen in solchen Fällen helfen können. Kontaktieren Sie uns, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu besprechen.Wir stehen Ihnen mit unserer Expertise zur Seite.

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