Erneute erhebliche Prozessniederlage im sogenannten Allergan-Komplex für ARAG SE vor dem Landgericht Düsseldorf (Az. 9a 141/23)
Chronologie:
Die Klägerin ließ sich im Jahr 2016 Brustimplantate mit einer rauen Oberfläche des Herstellers Allergan einsetzen, die sich später als krebserregend herausstellten. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen sowie Statistiken belegen, dass diese Implantate ein erhöhtes Risiko für das aggressive anaplastische großzellige Lymphom (ALCL) bergen. Im Dezember 2018 musste der Hersteller diese Implantate zurückziehen, nachdem der CE-Zertifizierer LNE/G-MED mit Sitz in Paris die weitere Zertifizierung verweigerte. Die Prozessvertreter der Klägerin forderten von der ARAG Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für ein Vorgehen gegen diesen Zertifizierer sowie dessen Aufsichtsbehörde ANSM, ebenfalls in Paris ansässig, mit der Begründung, diese hätten bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt die Zertifizierung einstellen müssen, da erste Hinweise auf die Karzinomgefahr bereits seit 2006 und weitere seit 2011 vorlagen. Ein Zuwarten bis Ende 2018 sei daher nicht vertretbar gewesen, wie die Statistiken der Karzinomfälle bestätigen. Alle Betroffenen seien diesem Karzinomrisiko ausgesetzt worden, ohne dass auch nur ein Warnhinweis erteilt wurde. Aus diesem Grund argumentieren Implantateure allgemein, ein Hinweis auf die Gefahr sei nicht notwendig gewesen, da diese Implantate mit dem CE-Gütesiegel als einwandfrei gekennzeichnet wurden.
Die ARAG SE argumentierte in monatelangem Schriftwechsel, dass es sich bei dem Vorgehen gegen den Zertifizierer und die Aufsichtsbehörde mit Sitz in Paris um einen „Inlandsschaden“ handele. Zudem erhob sie den Einwand, dass das Vorgehen gegen die Behörde ANSM ein verwaltungsrechtlicher Fall sei, der vom Versicherungsschutz nicht umfasst sei.
In dem Mitte Dezember anberaumten Gerichtstermin, in dem über insgesamt fünf Deckungsklagen zur selben Thematik verhandelt wurde, stellte das Landgericht bereits heraus, dass es sich bei den Fällen um Auslandsschadenfälle handele. Daraufhin stellte der Prozessvertreter der ARAG ausdrücklich eine gütliche Einigung in Aussicht und versprach ein baldiges Angebot, bevor er sich in den Skiurlaub begab. Mehrere Rückfragen im Februar, März und April 2024 wurden stets mit dem Hinweis beantwortet, ein Angebot werde nun alsbald abgegeben. Im Mai 2024 teilte der Prozessvertreter dem Gericht jedoch lapidar mit, dass die ARAG kein Angebot machen könne.
Verfahren:
Das Landgericht Düsseldorf hat, wie bereits Mitte Dezember und in weiteren Hinweisbeschlüssen in der Folge avisiert, die ARAG verurteilt, der Klägerin Deckungsschutz für das Vorgehen gegen die Aufsichtsbehörde ANSM in Paris zu gewähren. Die Kammer stellte ausdrücklich fest, dass es sich bei dem Rechtsschutzfall um einen „Auslandsschadenfall“ handelt und ein verwaltungsrechtlicher Ausschluss nicht in Betracht kommt, da es sich bei den Ansprüchen der Klägerin um Staatshaftungsansprüche handelt und nicht um behördliche Verwaltungsakte. Es geht somit um Schadensersatzrecht. Die ARAG hat daher sowohl das Vorgehen gegen LNE/G-MED als auch gegen ANSM abzudecken und einen ortsansässigen Anwalt zu ortsüblichen Honoraransprüchen zu vergüten.
Anmerkungen:
Die ARAG zeigt erneut eine völlige Unfähigkeit zur Einsicht: In irrationaler und unseriöser Weise verweigert, blockiert und verzögert die ARAG den schwer geschädigten Versicherungsnehmerinnen den begehrten Deckungsschutz und erhält dafür die Quittung vom Landgericht Düsseldorf präsentiert. Das Geld, das die ARAG in marktschreierische Werbeaktionen steckt, spart sie durch eine unbegreifliche Praxis der Regulierungsverweigerung ein. Dies ist nicht nur rechtlich relevant, sondern auch moralisch verwerflich und peinlich. Es sind weitere dutzende Klagen von Kunden gegen die ARAG anhängig oder avisiert. Dies scheint diesen unseriösen Versicherer jedoch nicht zu tangieren. Die Entscheidungsträger dürfen sich jedenfalls die Hände reiben angesichts der erreichten halbjährigen Verzögerung zur Prozessverschleppung, denn bereits im Dezember 2023 war klar, dass die ARAG freiwillig nicht bereit war, ein Angebot abzugeben. Die Versicherungskammer des Landgerichts Düsseldorf sowie die BaFin und die Kunden der ARAG sollten das Regulierungsverhalten der ARAG kritisch hinterfragen. Versicherungsprämien in Milliardenhöhe zu generieren, ohne in den Fällen, in denen es um die rechtlich verpflichtende Erteilung des Deckungsschutzes geht, diese zu erfüllen, ist schlichtweg unseriös.Landgericht Düsseldorf (Az. 9a 141/23)