Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: 200.000 € Schadensersatz nach behandlungsfehlerhafter Durchtrennung des nervus accessorius
Sachverhalt:
Bei der Klägerin wurde ein auffälliger Lymphknoten in der Halsgrube festgestellt, der operativ entfernt werden sollte. Im Anschluss an die Operation bemerkte sie Schmerzen und ein Taubheitsgefühl in ihrem rechten Arm. Trotz mehrfacher Hinweise gingen die behandelnden Mediziner in der Einrichtung der Beklagten zunächst nicht näher auf diese Beschwerden ein. Erst nach einigen Monaten stellte sich heraus, dass ein Nerv (Nervus accessorius) während der Operation behandlungsfehlerhaft durchtrennt worden war. Die Folge dieser Durchtrennung war eine Lähmung des Musculus trapezius, der sich von den Dornfortsätzen der Hals- und Brustwirbelsäule beidseits der Wirbelsäule bis zu den Schultern erstreckt. Die Klägerin leidet nun unter erheblichen Einschränkungen im Alltag und in ihrer Lebensqualität und kann ihren rechten Arm nicht mehr über 90° anheben. Über dieses mögliche Risiko der Operation zwecks Entfernung der Lymphknoten wurde die Klägerin präoperativ nicht aufgeklärt.
Chronologie:
Der prozessuale Verlauf in diesem Fall war besonders. Die Klägerin hat bereits erfolgreich einen Arzthaftungsprozess vor dem Landgericht Duisburg geführt. Dieses hat nach umfangreicher Beweisaufnahme und Einholung zweier Sachverständigengutachten in einem Grund- und Teilurteil für Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche aus der Fehlbehandlung resultierenden materiellen Schäden für die Zukunft und Vergangenheit zu ersetzen. Die Beklagte ging sodann erfolglos in Berufung und zeigte keinerlei Regulierungsbereitschaft. In dem konkreten Prozess ging es um die Höhe des Schadensersatzes. Schlussendlich wurde der Klägerin insgesamt rund 200.000 € Schadensersatz zugesprochen, einschließlich einer monatlichen Rentenzahlung wegen ihrer anhaltenden Einschränkungen im beruflichen und privaten Alltag.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Der Prozess bis zur endgültigen Erlangung von Rechtssicherheit hat im vorliegenden Fall rund 12 Jahre in Anspruch genommen. Zwar sind Arzthaftungsprozesse regelmäßig von einer langen Verfahrensdauer geprägt, der vorliegende Fall ist jedoch als extremes Negativbeispiel anzusehen und hatte die strikte Verweigerung jeglicher Regulierungsbereitschaft durch die Gegenseite zum Hintergrund, erklärt Dr. DC Ciper, LLM.