Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: 60.000,00 € Schmerzensgeld nach unnötigem Wechsel einer intakten Hüftprothese
Sachverhalt:
Die Klägerin erlitt eine Schenkelhalsfraktur, die 2016 in der Einrichtung des Beklagten mittels einer zementierten Hüft-Totalendoprothese versorgt wurde. Im Jahr 2018 stellte sich eine vermeintliche Lockerung der Hüftpfanne heraus, woraufhin eine Operation geplant wurde. Während der Operation zeigte sich jedoch, dass keine Lockerung der Pfanne bestand, was auf eine fehlerhafte präoperative Vorbereitung und Planung hinweist. Trotzdem wurde die Pfanne sodann ausgetauscht und der Keramikkopf gewechselt. Postoperativ trat eine Fußhebeschwäche auf, die neurologisch bestätigt wurde. Dem Beklagten wird vorgeworfen, die präoperative Vorbereitung und die Operationsplanung fehlerhaft durchgeführt und die Klägerin dadurch einer unnötigen Operation ausgesetzt zu haben.
Chronologie:
Das Landgericht Potsdam ließ die Angelegenheit mittels eines fachmedizinischen Sachverständigengutachters hinterfragen. Dieser bestätigte, dass dem Beklagten eine nicht ausreichende Befunderhebung vor Stellung der Diagnose "aseptische Hüftpfannenlockerung" vorzuwerfen ist. Dabei könne es sich sogar um einen groben Behandlungsfehler handeln. Zudem lägen Aufklärungsfehler vor. Die Klägerin wurde laut Aussagen des Sachverständigen weder über die nicht ausreichende Absicherung der Diagnose noch über die möglichen alternativen konservativen Therapiemöglichkeiten informiert. Das Gericht schlug den Parteien sodann den folgenden Vergleich vor: Der Beklagte zahlt an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag von rund 60.000,00 € zzgl. ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Parteien traten diesem Vergleich näher.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
In der Regel beantragen wir die persönliche Anhörung des Sachverständigen vor Gericht. So können diesem im direkten Austausch - auch durch die Mandanten - Fragen gestellt werden. Auch vorliegend fand eine persönliche Anhörung des Sachverständigen im Termin der mündlichen Verhandlung statt, in welchem er seine schriftlichen Aussagen zugunsten der Klägerin noch einmal bekräftigte, konstatiert Dr. DC Ciper, LLM.