Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: mehr als 500.000 € Schmerzensgeld nach Geburtsschaden
Sachverhalt:
Im Jahr 2019 begab sich die Klägerin zur Geburt ihrer Tochter in die Klinik der Beklagten. Während des Geburtsvorgangs traten Komplikationen auf, auf die das geburtshilfliche Team nicht angemessen reagierte. Insbesondere wurde ein Kaiserschnitt (Sectio) zu spät durchgeführt, wodurch das Gehirn des Neugeborenen unzureichend mit Sauerstoff versorgt wurde. Dies führte zu schweren geistigen und körperlichen Behinderungen bei dem Kind, das nun auf eine umfassende Pflege angewiesen ist, die hauptsächlich von den Eltern übernommen wird.
Chronologie:
Das Landgericht Traunstein ließ die Angelegenheit mittels eines Sachverständigengutachtens hinterfragen. Bereits vorgerichtlich lag ein umfassendes und qualifiziertes gynäkologisches Fachgutachten vor, das eindeutig grobe Behandlungsfehler feststellte. Dieser Einschätzung schloss sich der vom Gericht beauftragte Sachverständige an. Nach einer weiteren umfangreichen Beweisaufnahme, bei der der aktuelle Gesundheitszustand der Tochter eingehend untersucht wurde, schlug das Gericht den Parteien folgenden Teilvergleich vor: Die Beklagte zahlt einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 500.000 € für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tochter. Darüber hinaus erhält jeder Elternteil 4.000 € Schmerzensgeld als Entschädigung für ihr individuelles Leid. Somit ergibt sich eine Gesamtsumme in Höhe von 508.000 €.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
In diesem Fall steht ein sogenannter „Teilvergleich“ zur Diskussion, der sich ausschließlich auf den immateriellen Anspruch (Schmerzensgeld) bezieht. Materielle Ansprüche, wie zum Beispiel die Erstattung von Medikamentenzuschlägen und Behandlungskosten, sind in diesem Teilvergleich ausdrücklich noch nicht enthalten und einer separaten Einigung vorbehalten. Das Gericht hielt es jedoch für angemessen, der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt eine gewisse Entschädigung zu gewähren, bevor sich der Rechtsstreit weiter verzögert, zumal noch keine Einigung zwischen den Parteien hinsichtlich der Höhe der Ersatzpflicht der Beklagten für die materiellen Schäden in Sicht ist, so Dr. D.C. Ciper, LL.M.