ÖRAG Rechtsschutzversicherung muss in Allergankomplex 21.600,00 € zahlen, LG Düsseldorf Az. 9a O 176/24
Sachverhalt:
Die Klägerin ließ sich 2017 Brustimplantate der Firma Allergan einsetzen, die im Verdacht stehen, den aggressiven Karzinomtyp ALCL auszulösen. Sie erbat daher 2023 mittels ihrer Prozessvertreter den Deckungsschutz für das Vorgehen gegen den CE-Zertifizierer LNE/G-MED, der diese Implantate noch bis Ende 2018 mit dem Gütesiegel versehen hatte, obwohl seit 2011 in der Fachwelt von der Karzinomgefahr die Rede war. Hätte sie um diese Risiken gewusst, hätte sie sich andere Implantate einsetzen lassen. Obwohl die ÖRAG daraufhin den Deckungsschutz für das Vorgehen erteilte, verweigerte sie den Prozessvertretern der Klägerin die Zahlung jeglichen Honorars, mit der sinngemäßen Argumentation, diese könnten sich ihr Honorar doch von anderen Rechtsschutzversicherungen zahlen lassen, denn es sei der ÖRAG bekannt, dass die Prozessvertreter der Klägerin eine Vielzahl von Mandaten im Allergan-Komplex bearbeiten würden.
Chronologie:
Das Landgericht Düsseldorf hat im Ergebnis für Recht erkannt, dass die ÖRAG die Klägerin von der Verbindlichkeit aus der noch offenen Forderung in Höhe von 21.600,00 € freizustellen hat.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Da die Prozessvertreter von der ÖRAG keinen einzigen Euro Honorar erhielten, trotz der erteilten Deckungszusage, mussten sie das Mandat mit der Klägerin aufkündigen, die sodann eine in Paris ansässige, international tätige Sozietät mandatierte. Diese Kanzlei erwartete eine Vorschusszahlung zur Einarbeitung in die gesamte Thematik für mehrere Arbeitstage und die Zahlung eines angemessenen Gebührenvorschusses in Höhe von 21.600,00 €. Auch dieser Kanzlei gegenüber hält die ÖRAG nach wie vor jegliche Honorierung zurück, sodass nunmehr sogar eine strafrechtliche Relevanz in Betracht kommen kann, mit der sich die Entscheidungsträger der ÖRAG demnächst zu befassen haben, unabhängig von der Aufsichtsbehörde BaFin.
Dass eine Rechtsschutzversicherung einer Versicherungsnehmerin eine Deckungsschutzzusage für ein Vorgehen gegen einen Schädiger erteilt, sich dann aber jeglicher Regulierung verweigert, ist nicht nur ein abenteuerlich seltener Vorgang, sondern schlichtweg unseriös. Die Anwälte sollen nach Auffassung der ÖRAG damit eine kostenfreie Tätigkeit erbringen, was sowohl standeswidrig als auch wettbewerbswidrig ist. Dagegen spricht auch nicht, dass Anwälte in einem Großschadenkomplex wie hier über eine größere Anzahl von Mandaten verfügen, da jeder einzelne Fall völlig unterschiedliche Chronologien, Kausalitäten und Gesundheitsschäden aufweist. Die konsequente Folge kann in solchen Fällen nur die Aufkündigung des Mandats und der Verweis an eine andere Anwaltskanzlei sein, so wie hier, die sich sodann von Grund auf in die Thematik des schwierigen Allergan-Komplexes komplett neu einarbeiten muss, was einen Arbeits- und Zeitaufwand von mehreren Monaten erfordert, zumal auch der Präzedenzkomplex PIP-Brustimplantatsskandal, der die französischen Gerichte seit über 13 Jahren beschäftigt, recherchiert, erfasst und analysiert werden muss. Dann aber braucht sich die ÖRAG auch nicht darüber zu wundern, dass das zu zahlende Anwaltshonorar für eine sich neu einarbeitende Kanzlei um ein Vielfaches höher ist als dasjenige, das eine bereits eingearbeitete Kanzlei erhalten würde. Die vorsätzliche Regulierungsverzögerung von nun fast zwei Jahren geht zu Lasten der geschädigten Klägerin, macht RA Dr. DC Ciper LLM, Avocat au Barreau de Paris, deutlich.