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19. Oktober 2024
Ciper & Coll.

Wie Versicherungen durch Verzögerungstaktiken versuchen, sich vor Zahlungen zu drücken

Lesedauer: 6 min

1.

Der Kampf um Versicherungszahlungen

Es ist ein bekanntes Problem: Versicherungen versuchen oft, sich vor Zahlungen zu drücken, selbst wenn die Ansprüche der Versicherungsnehmer eindeutig sind. In vielen Fällen ziehen sich Versicherungsprozesse über Monate oder sogar Jahre hin, weil die Versicherungen bewusst Verzögerungstaktiken einsetzen. Das betrifft nicht nur Haftpflichtversicherungen, sondern auch Rechtsschutzversicherungen. Immer häufiger hört man von Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung nicht zahlt oder eine Deckungszusage unnötig hinauszögert.

Für Betroffene kann dies eine enorme Belastung darstellen. Sie sind ohnehin schon mit der eigentlichen Schadenssituation konfrontiert und müssen sich dann zusätzlich noch mit einer Versicherungsverweigerung auseinandersetzen. Viele Versicherungsnehmer fühlen sich dadurch allein gelassen und wissen nicht, wie sie gegen diese systematischen Verzögerungstaktiken vorgehen sollen. Doch es gibt Mittel und Wege, sich zu wehren – und die rechtliche Unterstützung kann dabei entscheidend sein.

2.

Taktiken der Versicherungen: Verzögern, Verweigern, Blockieren

Versicherungen greifen häufig auf eine Vielzahl von Strategien zurück, um Zahlungen hinauszuzögern oder sogar komplett zu vermeiden. Diese Verzögerungstaktiken sind im Versicherungsprozess keine Seltenheit und zielen oft darauf ab, die Versicherten zu zermürben. Eine beliebte Methode ist die systematische Beantragung von Fristverlängerungen mit Begründungen wie „Arbeitsüberlastung“ oder „Urlaubsabwesenheit“ des Anwalts. Obwohl diese Gründe auf den ersten Blick plausibel klingen mögen, wird in vielen Fällen klar, dass es sich um einen bewussten Versuch handelt, den Versicherungsprozess zu verzögern.

Solche Vorgehensweisen können im schlimmsten Fall sogar als Rechtsmissbrauch eingestuft werden, wenn deutlich wird, dass die Absicht allein darin besteht, den Prozess zu verschleppen und den Kläger zu benachteiligen. Rechtsmissbrauch im Rahmen eines Versicherungsprozesses ist nicht nur unethisch, sondern kann auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Trotzdem setzen viele Versicherungen auf diese Methoden, in der Hoffnung, dass die Versicherungsnehmer irgendwann aufgeben oder sich mit einem geringeren Betrag zufriedenstellen lassen.

3.

Aktueller Fall: Wenn die Rechtsschutzversicherung nicht zahlt

Ein aktueller Fall vor dem Landgericht Wuppertal (Az. 4 O 145/24) verdeutlicht eindrucksvoll, wie Versicherungen durch gezielte Verzögerungstaktiken versuchen, ihre Zahlungspflichten zu umgehen. In diesem Fall klagte eine Versicherungsnehmerin auf die Erteilung einer Deckungszusage durch ihre Rechtsschutzversicherung. Der Prozess war von Beginn an von Verzögerungsversuchen der Gegenseite geprägt: Der Anwalt der Versicherung beantragte mehrfach Fristverlängerungen mit Begründungen wie „Arbeitsüberlastung“ oder „Urlaubsabwesenheit“, um den Versicherungsprozess weiter in die Länge zu ziehen.

Besonders auffällig wurde das Verhalten des Versicherungsanwalts, als er die Klageerwiderung zurückhielt, weil die Klägerin angeblich noch eine Kostenerstattungsforderung erfüllen musste. Nachdem diese Forderung jedoch zeitnah erfüllt wurde, verschwieg der Anwalt der Versicherung dies dem Gericht für mehr als zwei Monate. Gleichzeitig beantragte er die Verschiebung eines bereits frühzeitig angesetzten Gütetermins. Doch das Landgericht Wuppertal ließ sich auf diese Taktik nicht ein: Es stellte in seiner Verfügung unmissverständlich klar, dass der Termin bestehen bleibt, da die Zahlung schon seit Langem bekannt war und die Frist zur Klageerwiderung bereits abgelaufen war.

Dieser Fall zeigt deutlich, wie weit manche Rechtsschutzversicherungen gehen, um ihre Leistungspflichten zu verzögern oder gar zu verweigern. Solche Strategien, die den gesamten Versicherungsprozess unnötig in die Länge ziehen, sind nicht nur für die Betroffenen belastend, sondern können unter bestimmten Umständen auch als Rechtsmissbrauch eingestuft werden. Versicherungsnehmer, die in einem solchen Fall eine Deckungszusage einklagen müssen, sollten sich der Unterstützung eines erfahrenen Anwalts für Versicherungsrecht versichern, um gegen diese unlauteren Methoden effektiv vorzugehen.

4.

Rechtslage: Wann spricht man von Rechtsmissbrauch?

Der Begriff „Rechtsmissbrauch“ beschreibt im rechtlichen Kontext das bewusste Ausnutzen von Verfahrensrechten, um dem Gegner zu schaden oder den Prozessverlauf zu manipulieren. Im Versicherungsprozess kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Verzögerungstaktiken als Rechtsmissbrauch gewertet werden könnten. Wenn ein Anwalt beispielsweise systematisch Fristverlängerungen beantragt, ohne triftige Gründe vorzubringen, oder wichtige Informationen gezielt zurückhält, kann dies als rechtswidriges Verhalten interpretiert werden.

Die Gerichte sind bei der Beurteilung von Rechtsmissbrauch zunehmend sensibilisiert, vor allem in Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung nicht zahlt oder Deckungszusagen unangemessen verzögert. Entscheidend ist dabei, ob das Verhalten des Versicherungsanwalts allein auf die Hinauszögerung des Prozesses abzielt, ohne eine tatsächliche Notwendigkeit für die Verlängerung der Fristen. Wenn die Absicht offensichtlich darauf gerichtet ist, die Klägerseite zu benachteiligen und den Versicherungsprozess zu verschleppen, können die Gerichte einschreiten und Anträge auf Fristverlängerung ablehnen – wie im Fall vor dem Landgericht Wuppertal geschehen.

Auch in anderen Verfahren haben Richter deutliche Worte gefunden, wenn Versicherungen den Verdacht eines Rechtsmissbrauchs erweckten. So wurde in mehreren Entscheidungen die wiederholte Beantragung von Verlängerungen ohne substantielle Begründung als missbräuchlich eingestuft. Für Betroffene kann dies eine wichtige Information sein, denn es zeigt, dass es rechtliche Möglichkeiten gibt, sich gegen unfaire Verzögerungstaktiken der Versicherungen zur Wehr zu setzen.

5.

Welche Rechte haben Versicherungsnehmer?

Versicherungsnehmer, die sich mit einer Versicherungsverweigerung oder Verzögerungstaktiken konfrontiert sehen, sind nicht machtlos. Es gibt mehrere rechtliche Mittel, um gegen solche Praktiken vorzugehen. Zunächst sollten Betroffene darauf bestehen, dass die Versicherung ihre Verpflichtungen zeitnah erfüllt, insbesondere wenn eine Deckungszusage eindeutig gerechtfertigt ist. In Fällen, in denen die Rechtsschutzversicherung nicht zahlt oder wiederholt Fristverlängerungen beantragt, kann es sinnvoll sein, das Vorgehen als potenziellen Rechtsmissbrauch anzusprechen.

Eine direkte rechtliche Maßnahme ist die Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung zur Abweisung weiterer Fristverlängerungsanträge, falls diese unbegründet erscheinen. In der Rechtsprechung wird zunehmend darauf geachtet, dass der Versicherungsprozess fair abläuft und die Versicherungsnehmer nicht durch Verzögerungstaktiken benachteiligt werden. Gerichte haben die Möglichkeit, bei einem klaren Verdacht auf Rechtsmissbrauch Maßnahmen zu ergreifen und die Versicherung zur Zahlung zu verpflichten.

Für Versicherungsnehmer ist es auch wichtig, den Verlauf des Versicherungsprozesses sorgfältig zu dokumentieren. Schriftliche Nachweise über alle Korrespondenzen, Fristverlängerungen und Entscheidungen sind wertvoll, um das Verhalten der Versicherung nachvollziehbar zu machen. Die Unterstützung durch einen spezialisierten Anwalt für Versicherungsrecht kann dabei helfen, die eigenen Rechte durchzusetzen und Druck auf die Versicherung auszuüben. Ein erfahrener Anwalt kennt die typischen Verzögerungstaktiken und kann rechtzeitig gegensteuern.

6.

Wie man sich gegen verzögernde Versicherungen wehren kann

Der Umgang mit einer Versicherung, die systematisch versucht, Zahlungen hinauszuzögern oder zu verweigern, kann für Betroffene sehr frustrierend und belastend sein. Doch Versicherungsnehmer sind diesen Taktiken nicht schutzlos ausgeliefert. Wer sich mit einer Versicherungsverweigerung oder Verzögerung im Versicherungsprozess konfrontiert sieht, hat rechtliche Möglichkeiten, um dagegen vorzugehen.

Ein entscheidender Schritt ist es, sich rechtzeitig Unterstützung durch einen erfahrenen Anwalt für Versicherungsrecht zu holen. Dieser kann nicht nur den Prozess begleiten, sondern auch unfaire Verzögerungstaktiken aufdecken und das Gericht auf einen möglichen Rechtsmissbrauch aufmerksam machen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Rechtsschutzversicherung nicht zahlt oder immer wieder versucht, die Deckungszusage hinauszuzögern.

Gerichte erkennen zunehmend die Problematik solcher Verzögerungstaktiken und sind bereit, konsequent einzugreifen, um einen fairen Prozessverlauf zu gewährleisten. Dies zeigt sich deutlich in Fällen wie dem vor dem Landgericht Wuppertal (Az. 4 O 145/24), wo die wiederholten Versuche, Fristen zu verlängern, als haltlos abgelehnt wurden. Versicherungsnehmer sollten sich von solchen Taktiken nicht einschüchtern lassen, sondern ihre Ansprüche mit Nachdruck verfolgen.

Am Ende zeigt sich: Wer seine Rechte kennt und konsequent einfordert, kann gegen die oft unlauteren Methoden der Versicherungen erfolgreich vorgehen. Ein starker rechtlicher Beistand ist dabei unerlässlich, um den Druck auf die Versicherung zu erhöhen und letztlich zu einer gerechten Lösung zu kommen.

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