Wettbewerbsrecht - Anwaltliches Berufsrecht: Unzulässigkeit der Pluralbildung einer Ein-Mann-Kanzlei, eine Posse von der "Waterkant", BGH, Az.: I ZR 146/18
Chronologie:
Die Parteien sind Rechtsanwälte und jeweils u. a. auf dem Gebiet des Medizinrechts tätig. Der Beklagte betreibt eine Einzelanwaltskanzlei in Wedel (Schleswig-Holstein), ohne weitere juristische Mitarbeiter, oder sonstige Angestellte, tritt im Internet aber mit „vielversprechenden“ Floskeln auf, wie: „wir wollen nichts unversucht lassen …“, „unser Einsatz für Sie macht nicht vor der Kanzleitür halt…“ und „alle Rechtsanwälte der Kanzlei sind Mitglieder der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer…“
Gegen diese irreführenden Angaben richtet sich die Klage. Der Beklagte trug indes vor, „er ließe sich nicht mundtot machen“….
Verfahren:
Zunächst war das Landgericht Düsseldorf (Az.: 12 O 304/15) mit der Sache befasst und hatte nach kurzer Schlusssitzung den Beklagten verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Geschäftsverkehr in „Pluralform“ aufzutreten, wenn er tatsächlich keine Anwälte beschäftigt und auch keine Gesellschaft mit zumindest einem weiteren Rechtsanwalt führt. Zur Begründung wies das Gericht darauf hin, dass die Äußerungen eine irreführende geschäftliche Handlung darstellen würden. Die Größe der Kanzlei sei für den Rechtsratsuchenden ein nicht unerhebliches Kriterium, der Geschäftsverkehr hege die Erwartung, die Kanzlei sei mitunter leistungsfähiger und unter dem Gesichtspunkt einer Arbeitsteilung differenzierter.
Hiergegen zog der Beklagte vor das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I - 20 U 52/17), das ihm nochmals zu verstehen gab, dass er über die Größe seiner Kanzlei durch Benutzung von Attributen wie „wir“, „unsere“, usw. den Geschäftsverkehr täusche (§ 5 I S.2 Nr.3 UWG), denn diese Äußerungen stünden mit der Wirklichkeit nicht im Einklang.
Gegen diese Entscheidung zog der Beklagte sodann zum BGH nach Karlsruhe, die seine Nichtzulassungsbeschwerde nun als unzulässig verwarf.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Mit dem Vorfall war auch die Berufsaufsichtsbehörde des Beklagten, die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer im Vorfeld befasst (Az.: 01-06534/14), ebenso das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein (Az.: II 334/1402-E-1-18/16). Die RAK Schleswig-Holstein war der „abstrusen“ Ansicht, wenn der jetzige Beklagte über Anwälte verfügen würde, mit denen er „kooperiere“, so könne er in Pluralform Werbung betreiben. Das sehen alle anderen bundesdeutschen Rechtsanwaltskammern, sowie die Bundesrechtsanwaltskammer ebenso anders, wie nun die Gerichtsbarkeit in Düsseldorf: Sowohl das Landgericht Düsseldorf, als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf haben dem Beklagten jedenfalls mit ihren Entscheidungen aufgezeigt, wie er nach außen hin aufzutreten hat.
Abschließend noch eine Anekdote am Rande:
Anlässlich des mündlichen Termins vor dem OLG trug der Beklagte nach Hinweis des Senates, er müsse aber weitere Mitarbeiter beschäftigen, bzw. dauerhaft mit ihnen zu einem Ziel zusammenarbeiten, nach langer Überlegungszeit den Namen eines Rechtsanwaltes mit und erbat eine Schriftsatzfrist. In diesem nachfolgenden Schriftsatz war von diesem Anwalt sodann keine Rede mehr, stattdessen von einem anderen Anwalt, den er ab und zu an seinem Kanzleisitz in Wedel im Treppenhaus trifft und den er nun als „Mitarbeiter“ titulierte. Davon wusste dieser aber gar nicht. Konsequenterweise heißt es dann auch in der Urteilsbegründung des OLG, ein „informeller Gedankenaustausch“ zwischen diesem und ihm reiche nicht aus, mit seiner Kanzlei in Pluralform nach außen hin aufzutreten. Verständlich, stellt Dr. D. C. Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht fest.