Medizinrecht - Arzthaftungsrecht - Behandlungsfehler: Zwerchfellbruch nach Herausziehen eines Drainageschlauchs, LG Heilbronn, Az.: 1 O 52/17
Chronologie:
Die Klägerin verspürte im November 2014 eine verstärkte Leistungsschwäche mit Herzrasen.
Aufgrund dessen stellte sie sich bei einem niedergelassenen Kardiologen vor. Dieser überwies
die Klägerin bei Verdacht auf Myokarditis am 02.12.2014 in ein Krankenhaus zum MRT.Das
MRT ergab ebenfalls keinen Hinweis auf eine Myokarditis. Die Klägerin wurde jedoch eine
Abklärung wegen rundlicher RF prahilar links empfohlen.
Am 05.12.2014 wurde sodann in der Einrichtung der Beklagten zu 1) ein CT gefertigt. Dieses
ergab ein Hamartochondrom linker Lungenlappen. Bei einem Hamartochondrom handelt es
sich um einen benignen Tumor der Lunge, der mesenchymalen Ursprungs ist. Im Zeitraum
vom 15.12.2014 bis 19.12.0214 befand sich die Klägerin daher zur Durchführung einer Biopsie
mit postinterventionellem Pneumothorax links in der Einrichtung der Beklagten zu 1).
Im Zeitraum vom 21.01.2015 bis 02.02.2015 befand sich die Klägerin erneut zur stationären
Behandlung in der Einrichtung der Beklagten zu 1) zur Entfernung des Hamartochondroms.
Nach der Operation vom 15.12.2014 in der Einrichtung der Beklagten zu 1) litt die Klägerin
unter starken Schmerzen. Die Schmerzen waren derart stark, dass sogar ein Schmerzkonsilium
einberufen wurde. Am 29.01.2015 musste aufgrund einer Flüssigkeitsansammlung von
circa 200 ml in der Lunge links eine Punktion vorgenommen werden. Auch in der Folgezeit
litt die Klägerin unter extremen Schmerzen. Schließlich wurde am 01.03.2016 ein CT gefertigt.
Darauf ist ersichtlich, dass es bei der Klägerin zu einem Zwerchfellbruch kam.
Die Klägerin trägt vor, dass der Zwerchfellbruch auf einen Behandlungsfehler der behandelnden
Ärzte in der Einrichtung der Beklagten zu 1) zurückzuführen sei. Ausweislich der MRTAufnahmen
vom 02.12.2014 sei das Zwerchfell der Klägerin intakt. Die Röntgenaufnahmen
von Januar 2015 aus der Klinik der Erstbeklagten zeigen, dass der Drainageschlauch umgeknickt
ist. Er wurde daraufhin herausgezogen mit der Folge, dass sich das Ende des Schlauches
am linken Zwerchfell festsaugte. Ausweislich der CT-Aufnahmen vom 01.03.2016 ist
der Zwerchfellbruch gut sichtbar.
Die Klägerin ist nicht mehr in der Lage, ihrem Beruf als Büroangestellte nachzugehen. Der
GdB beträgt seit dem Jahr 2014 30. Insgesamt ist die Klägerin stark in ihrer Leistungsfähigkeit
eingeschränkt und leidet insbesondere unter einer schweren Atemnot, welche Panikattacken
auslöst.
Verfahren:
Das vom Landgericht in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten hat nicht eindeutig einen Behandlungsfehler
bestätigt. Dennoch hat die Kammer den Parteien einen Vergleich im vierstelligen Bereich zur Gesamtabgeltung
vorgeschlagen. Die Parteien sind dem Vergleichsvorschlag nähergetreten.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Auch wenn in einem Arzthaftungsprozess das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht sehr eindeutig ist, kann ein Gericht
einen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Verfahrens vorschlagen, so wie hier. Damit wird der anderenfalls
anfallende Aufwand für alle Seiten deutlich reduziert, stellt die sachbearbeitende Rechtsanwältin Irene Rist,
Fachanwältin für Medizinrecht fest.