Medizinrecht - Arzthaftungsrecht - Behandlungsfehler: Unzureichende Dekubitisprophylaxe, 12.500,- Euro plus Feststeller, LG Münster, Az.: 108 O 25/15
Chronologie:
Beim Kläger bestand ab März 2013 ein hohes bis sehr hohes Dekubitusrisiko. Spätestens ab dem 31.03.2013 wäre aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes des Klägers die Erstellung eines Bewegungsplans durch die Beklagte zwingend erforderlich gewesen. Eine solche Bewegungsplanung erfolgte indessen nicht, woraufhin der Kläger keine individuell angepasste Bewegungsförderung erhielt. Aufgrund der Versäumnisse der Beklagten entwickelte sich ein Dekubitus mit einem Schweregrad IV, worunter ein totaler Gewebsverlust mit freiliegenden Knochen, Sehnen und/oder Muskeln zu verstehen ist. Es wurden zahlreiche operative Interventionen erforderlich, wobei der Kläger über die Dauer von fast einem Jahr an beiden Armen, am Bauch sowie am Fuß fixiert werden musste. Dies stellte ein massiv belastendes Beschwerde- und Behandlungsmartyrium für den Kläger da.
Verfahren:
Das Landgericht Münster hat zu dem Vorfall ein fachmedizinisches Gutachten eingeholt. Da die Prozess- und Ergebniskriterien des Expertenstandards im hauseigenen Standard der Beklagten nicht erwähnt werden, gelangt die pflegerische Sachverständige u.a. zu der Auffassung, dass der seitens der Beklagten vorgelegte Standard den pflegerischen Anforderungen nicht gerecht wurde.
Die unzureichende Bewegungsplanung bzw. Mobilisation sowie die Weiterbehandlung des Klägers mit einer ungeeigneten Matratze trotz der Feststellung eines Dekubitus Grad III wertet die pflegerische Sachverständige zusammenfassend als einen groben Behandlungsfehler. Das Gericht hat die Beklagte aufgrund dieser Konstatierungen sodann zu einem Schmerzensgeld von 12.500,- Euro verurteilt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagte auch alle weiteren materiellen Schäden für Vergangenheit und Zukunft zu zahlen habe.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
In den Fällen, in denen ein grober Behandlungsfehler konstatiert wird, tritt eine Beweislastumkehr zugunsten des geschädigten Patienten ein. Dadurch ist es der Medizinerseite quasi nicht mehr möglich, sich der Verantwortung zu entziehen. Sieben Jahre nach dem streitgegenständlichen Vorfall konnte dem Kläger nun zu einem Erfolg verholfen werden, stellen der sachbearbeitende Rechtsanwalt Marius B. Gilsbach und Dr. D.C.Ciper LLM, beide Fachanwälte für Medizinrecht fest.