Medizinrecht - Arzthaftungsrecht - Behandlungsfehler: Fehlgeschlagene Kniegelenkspiegelung, LG Ulm, Az.: 6 O 107/18
Chronologie:
Am 15.08.2016 stellte sich der Kläger bei der Beklagten vor. Grund der Vorstellung waren seit einiger
Zeit bestehende leichte Schmerzen des rechten Kniegelenkes, verbunden mit einer Schwellungsneigung
ohne vorliegendes Trauma. Die Untersuchung ergab einen Druckschmerz über dem medialen
Kniegelenkspalt mit positiven Innenmeniskuszeichen, keinen Gelenkerguss, jedoch eine diffuse leichte
Schwellung bei stabiler Bandführung. Röntgenaufnahmen des rechten Kniegelenkes in 2 Ebenen
zeigten einen im Wesentlichen unauffälligen Befund. Dennoch wurde bei dem Kläger am 26.08.2016
eine Kernspintomografie des rechten Kniegelenkes durchgeführt. Das MRT ergab eine Läsion des
Innenmeniskushinterhornes sowie eine Knorpelläsion zweit- bis drittgradig medial am Femurkondylus
und am Tibiakopf mit begleitenden Spongiosaödem. Am 29.08.2016 kam es zu einer weiteren
Behandlung bei der Beklagten. Dem Kläger wurde eine Kniegelenkspiegelung rechts als Therapie
empfohlen.
Am 13.09.2016 kam es zu der ambulanten Operation bei der Beklagten. Es erfolgte eine Kniegelenkspiegelung
rechts mit Innenmeniskushinterhornteilresektion sowie Knorpelglättung medial femorotibial.
Vom 14.09. bis 21.10.2016 erfolgten fünf weitere postoperative ambulante Behandlungen bei der
Beklagten. Diese weiteren postoperativen Behandlungen waren erforderlich, da postoperativ Beschwerden
im Bereich des medialen Kniegelenkes bei Belastung sowie eine Schwellung verblieben.
Der Beklagten wurde vorgeworfen, den Kläger nicht adäquat und dem Facharztstandard entsprechend
behandelt zu haben. Die Kniegelenkspiegelung rechts sei ohne Indikation erfolgt. Jedenfalls
hätte der Befund, der durch die Kernspintomografie des rechten Kniegelenkes am 26.08.2016 festgestellt
worden ist, konservativ behandelt werden können. Eine Kniegelenkspiegelung sei nicht notwendig
gewesen. Eine konservative Behandlung wäre der Goldstandard gewesen.
Darüber hinaus sei die Kniegelenkspiegelung vom 13.09.2016 auch nicht dem Facharztstandard entsprechend
erfolgt.
Verfahren:
Das vom Gericht in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten war nicht eindeutig. Das Gericht hat den Parteien
sodann einen Vergleich im vierstelligen Eurobereich zur Abgeltung sämtlicher
Ansprüche vorgeschlagen. Die Parteien sind diesem Vergleichsvorschlag nähergetreten.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Dieses Verfahren zeigt einmal mehr, dass auch in den Fällen, in denen der Patient seinen rechtlich vorgesehenen
Beweis in Bezug auf Behandlungsfehler und kausalen Schaden nicht zweifelsfrei erbringen kann, eine gütliche
Einigung dennoch möglich ist. Das Ergebnis kann daher für den Betroffenen durchaus als erfreulich angesehen werden,
meinen die sachbearbeitende Rechtsanwältin Irene Rist und Rechtsanwalt Dr D.C.Ciper LLM, beide Fachanwälte für
Medizinrecht.