Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: 14.000 € Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Auswertung einer Röntgenaufnahme
Chronologie:
Der Kläger litt unter Hüftschmerzen und befand sich diesbezüglich beim Beklagten in Behandlung. Um die Ursache der Beschwerden zu ermitteln, wurde schließlich eine Röntgenaufnahme durchgeführt, bei welcher der Beklagte eine 8cm große Zyste im Bereich des Oberschenkels behandlungsfehlerhaft übersah. Die korrekte Diagnose erfolgte erst 7 Monate später, sodass eine erhebliche Behandlungsverzögerung eintrat. Diese Zyste hatte darüber hinaus Auswirkungen auf den Gleichgewichtssinn des Klägers, sodass dieser sich bei einem Sturz zudem noch eine Oberschenkelfraktur zuzog.
Verfahren:
Zunächst hat das Landgericht Flensburg die Angelegenheit mittels eines Sachverständigengutachtens hinterfragen lassen. Es ging insbesondere um die Frage, ob die fehlerhafte Auswertung des Röntgenbildes als grober Behandlungsfehler einzuschätzen ist. Der Sachverständige verneinte dies jedoch mit der Begründung, dass die Zyste im Bereich des Röntgenbildes nur „sehr schwer“ zu erkennen gewesen sei, sodass die korrekte Befunderhebung sich als schwierig herausstellte. Dennoch bestätigte er, dass dem Beklagten ein einfacher Befunderhebungsfehler vorzuwerfen ist.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden die Parteien vor Gericht geladen, wobei der Sachverständige noch einmal persönlich angehört wurde und sein schriftliches Gutachten im Wesentlichen bestätigte. Daraufhin schlug das Gericht den Parteien sodann folgenden Vergleich vor: Der Beklagte zahlt an die Klägerin einen Betrag von 14.000,00 € zzgl. Rechtsanwaltskosten. Aufgrund der Eindeutigkeit der Rechtslage traten beide Parteien diesem Vergleich nahe.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Ein grober Behandlungsfehler ist ein Fehler, der aus fachmedizinsicher Sicht nicht mehr nachvollziehbar erscheint, weil ein solcher Fehler einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Bestätigt der Sachverständige das Vorliegen eines solchen Fehlers gibt es eine Umkehr in der Beweislast: Es obliegt sodann der Beklagtenseite nachzuweisen, dass ein solcher Fehler eben nicht vorliegt, vgl. § 630 h Abs. 5 BGB. Obwohl im vorliegenden Fall nur ein einfacher Befunderhebungsfehler festgestellt werden konnte, war das Gericht der Überzeugung, dass dieser dem Beklagten auch tatsächlich vorzuwerfen ist, erklärt Dr. DC Ciper LLM.