Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: Nicht notwendige Bypass-Operation verschlimmert Beschwerden
Sachverhalt:
Die Klägerin stellte sich aufgrund von vermehrt auftretender Kurzatmigkeit bei ihrem Kardiologen, dem Beklagten zu 1), vor. Dieser führte diverse Untersuchungen zur Ermittlung dieser Beschwerden durch und riet der Klägerin anschließend dringend zu einer Bypass-Operation. Er sagte ihr, dass diese Operation zwingend notwendig sei, wenn die Klägerin weiterleben wolle. Daraufhin begab sich die Klägerin in die Einrichtung der Beklagten zu 2), wo die Operation umgehend durchgeführt wurde. Als sich die Beschwerden im Anschluss nicht verbesserten, sondern gar verschlechterten, suchte die Klägerin die Einrichtung der Beklagten zu 2) erneut auf. Zu diesem Zeitpunkt waren seit der Bypass-Operation drei Jahre vergangen und die Kurzatmigkeit der Klägerin war nun so stark ausgeprägt, dass sie nicht einmal mehr Treppensteigen im Alltag bewältigen konnte. Der behandelnde Mediziner stellte sodann fest, dass die damalige Bypass-Operation nie indiziert war, da keine kritische Durchblutungsstörung des Herzens vorlag. Tatsächlich liegt die Ursache der Klägerin der nun verstärkten Kurzatmigkeit in einer Pseudoarthrose, welche eine Spätfolge der nicht indizierten Bypass-Operation darstellt.
Chronologie:
Die Klägerin ging in einem Klageverfahren sowohl gegen ihren Kardiologen, den Beklagten zu 1), als auch gegen die Einrichtung der Beklagten zu 2) vor. Das Landgericht ließ die Angelegenheit mittels eines herzchirurgischen Sachverständigengutachtens hinterfragen. Der Sachverständige bestätigte, dass die Bypass-Operation der Klägerin nicht zwingend indiziert war. Es wäre den behandelnden Medizinern durchaus möglich gewesen, diese Tatsache zu erkennen. Beim Termin der mündlichen Verhandlung schlug das Gericht den Parteien einen Vergleich vor: Beide Beklagte zahlen jeweils einen Schmerzensgeldbetrag an die Klägerin. Die Klägerin sowie die Beklagte zu 2) nahmen diesen Vergleich umgehend an. Die Entscheidung der Beklagten zu 1) steht aktuell noch aus.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Es ist durchaus möglich in einer Klageschrift -mithin auch in nur einem Klageverfahren- gegen mehrere Beklagte vorzugehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Sachverhalt bzw. der Vorwurf inhaltlich identisch ist. Diese Möglichkeit ist für die Betroffenen sowohl zeit- als auch kostensparend. Werden jedoch Vorwürfe bezüglich Behandlungsfehlern von unterschiedlicher Art und Weise erhoben, so sind zwei getrennte Klageverfahren zwingend notwendig.