Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: Schmerzensgeld nach erlittenem Schlaganfall während Operation unter Vollnarkose
Chronologie:
Der Kläger zog sich bei einem Sturz eine Humerusfraktur, also einen Bruch des Oberarmes, zu. Daraufhin begab er sich unmittelbar in die Einrichtung der Beklagten, wo er stationär aufgenommen und noch am selben Tag unter Vollnarkose operiert wurde. Im Anschluss an die Operation kam es zu einer hypertensiven Entgleisung und Verwirrtheit sowie Schweißausbrüchen und Harninkontinenz. Nach Durchführung einer MRT wurde der Kläger sodann zwecks neurologischer Abklärung seiner Symptome in eine andere Einrichtung verlegt. Dort vermutete man nach umfangreichen Untersuchungen einen während der Operation erlittenen Schlaganfall bzw. Herzinfarkt. Für einen Zeitraum von über einem Monat befand sich der Kläger weiterhin in stationärer Behandlung und erhielt Sauerstoff und wurde per Transfusion ernährt. Einige Beschwerden, wie ein erhöhter Blutdruck, eine eingeschränkte Motorik, Schwindel, Abgeschlagenheit und Kraftlosigkeit, halten bis zum heutigen Tage an.
Verfahren:
Zunächst hat das Landgericht Ulm die Angelegenheit mittels eines Sachverständigengutachtens hinterfragen lassen. Es ging insbesondere um die Frage, ob der Kläger während der Operation tatsächlich einen Schlaganfall bzw. einen Herzinfarkt erlitten hat. Der Sachverständige stellte sodann fest, dass der Kläger eine Stammgangliennekrose beidseitig hatte, die konkrete Ursache konnte er allerdings nicht mit Sicherheit feststellen. Die für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt typischen Anzeichen fehlten nämlich beim Kläger.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden die Parteien vor Gericht geladen, wobei der Sachverständige noch einmal persönlich angehört wurde und sein schriftliches Gutachten im Wesentlichen bestätigte. Obwohl ein Behandlungsfehler nicht eindeutig festgestellt werde konnte, schlug das Gericht den Parteien sodann folgenden Vergleich vor: Der Beklagte zahlt an den Kläger Schmerzensgeld zzgl. seiner entstandenen Rechtsanwaltskosten. Über die konkrete Höhe des Schmerzensgeldes wurde Stillschweigen vereinbart. Die Parteien traten diesem Vergleich nahe.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Das Sachverständigengutachten ist in Arzthaftungsprozessen von enormer Bedeutung. Nur einem ausgebildeten Mediziner der jeweiligen Fachrichtung kann es gelingen, komplexe Sachverhalte korrekt aufzuklären. In manchen Fällen – wie dem vorliegenden – kann jedoch selbst der Sachverständige nicht mit Sicherheit sagen, was tatsächlich Ursache für die Beschwerden ist. Dann kommt es umso mehr auf die Überzeugung des Gerichts an, erklärt Dr. DC Ciper LLM.