Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: Teil eines Drainageschlauchs bleibt 2 Jahre lang unbemerkt in Brust des Klägers
Sachverhalt:
Beim Kläger wurde eine Bypass-Operation durchführt. Dabei wurde die innere Brustwandarterie zur Wiederherstellung der Durchblutung mit dem Vorderwandast verbunden. Zum Ende der Operation wurde je eine Drainage in die linke Brusthöhle des Klägers und neben das Herz gelegt. Als die Drainageschläuche einige Tage nach der Operation entfernt wurden, verblieb ein circa 8cm langer Teil des Schlauchs von den Behandlern unbemerkt in der Nähe des Herzens des Klägers. Obwohl noch während des postoperativen stationären Aufenthalts des Klägers ein Röntgenbild des Thorax erstellt wurde, übersahen die behandelnden Ärzte auch auf diesem den verbliebenen Teil des Drainageschlauchs im Körper des Klägers. Beim Kläger kam es postoperativ zu stark einschränkenden Schmerzen: So hat der Drainageschlauch beim Ein- und Ausatmen auf das mit vielen Nerven durchzogene Lungenfeld gedrückt. Erst 2 Jahre nach der Bypass-Operation entdeckte ein Mediziner den verbliebenen Teil des Schlauchs im Körper des Klägers und entfernte diesen anschließend operativ.
Chronologie:
Das Landgericht Düsseldorf hat die Angelegenheit mittels eines fachmedizinischen Sachverständigengutachtens hinterfragen lassen. Dieser verneinte zwar ein behandlungsfehlerhaftes Anlegen der Drainage, bestätigte allerdings, dass das Abreißen des Drainageschlauchs beim Ziehen der Drainage behandlungsfehlerhaft nicht bemerkt wurde. Des Weiteren bejaht der Sachverständige einen Behandlungsfehler dahingehend, dass der verbliebene Schlauchrest auf den erstellten Röntgenbildern der Thorax nicht bemerkt wurden. Das Gericht folgte den Ausführungen des Sachverständigen und verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldbetrags i.H.v. 13.000,00 € nebst Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten.
Anmerkungen von Ciper und Coll.:
Grundsätzlich obliegt es dem Kläger das Vorliegen eines Behandlungsfehlers vor Gericht zu beweisen. Da sich dieser Beweis für medizinische Laien mitunter als sehr schwer darstellt, kennt das BGB einige Beweislasterleichterungen. Eine dieser Regelungen ist § 630h Abs.1 BGB. Nach dieser Vorschrift wird ein Fehler des Behandelnden vermutet, "wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat". Darauf kam es vorliegend maßgeblich an. Die behandelnden Ärzte hätten anhand des herausgenommenen Teils des Drainageschlauchs erkennen müssen, dass dieser nicht intakt war. Das Risiko war demnach voll beherrschbar, sodass es an der Beklagtenseite lag, zu beweisen, dass eben kein Behandlungsfehler vorlag, was nicht gelang, erläutert Dr. DC Ciper, LLM.