Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler: Ausschabung nach Fehlgeburt, Saarländisches OLG, Az. 1 U 44/22
Chronologie:
Zunächst stellte sich die Klägerin nachts in der Notfallambulanz der Beklagten vor. Die Klägerin litt zu diesem Zeitpunkt seit 3 Tagen unter zunehmenden Unterbauchschmerzen und Übelkeit ohne Erbrechen. Drei Tage zuvor hatte die Klägerin eine Fehlgeburt erlitten. Eine durchgeführte Sonografie ergab keinen Anhalt für freie Flüssigkeit im Bauchraum und keine Gallensteine. Ein durchgeführtes Labor ergab eine geringgradige Erhöhung des C-reaktiven Proteins und keine Leukozytose.
Die Klägerin wurde in der gynäkologischen Ambulanz untersucht. Der Untersuchungsbefund ergab, dass der Uterus nach Form, Lage und Größe unauffällig war. Die Adnexe waren palpatorisch frei. Es wurde eine Sonografie durchgeführt. Danach waren Ovar und Tuben beidseits unauffällig, ebenso die Harnblase. Die Klägerin begab sich zunächst nach Hause und suchte am nächsten Morgen ihren Hausarzt auf. Dieser stellte die Verdachtsdiagnose „akute Appendizitis“ und überwies die Klägerin erneut in das Krankenhaus der Beklagten. Daraufhin begab sich die Klägerin erneut in die chirurgische Notfallambulanz der Beklagten. Dort wurde sie untersucht. Es kam zu einer Sonografie und einer Laboruntersuchung. Das Labor ergab einen marginal erhöhten CRP-Wert, allerdings eine auffällige Leukozytenzahl. Zur weiteren Abklärung wurde nunmehr ein MRT durchgeführt. Im Ergebnis wurde eine Appendizitis ausgeschlossen und die Klägerin zur Weiterbehandlung durch den Hausarzt zurücküberwiesen.
Eine Woche später begab sich die Klägerin aufgrund von persistierenden Unterbauchschmerzen in die in eine andere Klinik. Dort wurde eine Hysteroskopie mit fraktionierter Abrasio durchgeführt sowie eine operative Laparoskopie mit Adhäsiolyse und Endometriose-Sanierung.
Verfahren:
Der Fall wurde erstinstanzlich von dem Landgericht Saarbrücken entschieden. Die Klage wurde abgewiesen. Jedoch war das Urteil jedenfalls verfahrensfehlerbehaftet. Statt der Parteibezeichnung enthielt das Urteil nur die Formulierung „(volles Rubrum)“. Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken wurde aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.
Anmerkung von Ciper & Coll.:
Eine Mindestanforderung für ein ordnungsgemäßes Urteil ist, dass die Nämlichkeiten der Parteien hinreichend erkennbar sein müssen. Durch die Bezeichnung „(volles Rubrum)“ ist nicht erkennbar, wer die Parteien des Rechtsstreits sind. Dadurch ist das Urteil formell fehlerhaft zustande gekommen. Die von der Geschäftsstelle beigefügte Abschrift des Urteils mit ergänztem Rubrum kann ebenfalls keine Rechtskraft entfalten. Die Nachholung fehlender Angaben durch eine nicht befugte Person ohne die Kontrolle des erkennenden Richters entspricht nicht dem Gesetz, so Dr. DC Ciper, LLM.